
Foto: Hans Weber-Tyrol., Kalterersee mit Leuchtenburg
Kurator Ralf Bormann führte am 8. September im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum die mit Obfrau Herlinde Keuschnigg erschienenen Freunde des Tiroler Volkskunstmuseums und des Forum Land durch die Sammlungspräsentation „Formzertrümmerung-Der Expressionismus in Tirol“. Kurator Bormann wies daraufhin, dass am Anfang des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum ein Stil, der die Kunstwelt revolutioniert, entsteht. Entgegen aller Prinzipien rund um naturgetreuen Darstellungsweisen, nach denen noch der Impressionismus strebte, lenkt nun das emotionale und gedankliche Innenleben das künstlerische Schaffen. Die Formen werden grober, die Bilder abstrakter und die Perspektiven aus der Angel gerückt.rDer umstürzlerische Anspruch des Expressionismus löst sich freilich nicht von dessen bevorzugtem Bildgegenstand, der Lebenswelt, sondern glaubt, in tiefinnerer Natürlichkeit vielmehr zu einer klaren Sicht auf diese vorgedrungen zu sein. Der Expressionismus feiert das ungestüme Zusammentreffen der inneren Welt, die schöpferische Kraft des Dionysischen, mit der äußeren Form, der Figurationskraft des Apollinischen, in dem die Menschen durchaus nicht nur als verschlungene Zwischenwesen dieser beiden elementaren Reiche auftreten. In Tirol wirkt der Expressionismus wie ein Befreiungsschlag. Wie aus dem Nichts tauchen hier Arbeiten auf, deren künstlerische Qualität den deutschen Vorbildern in nichts nachsteht. Mit Werken von Ernst Nepo, Artur Nikodem, Gerhild Diesner, Walter Honeder, Hilde Goldschmidt, Josef Prantl, Egon Schiele, Oskar Kokoschka, Herbert Boeckl, Herbert Brandl und anderen zeigt die Graphische Sammlung eine Auswahl an expressionistischen Grafiken aus ihrem umfangreichen Bestand. Die Blätter bezeugen dabei die Entwicklung einer Stilepoche, mit der das Kunstgeschehen in Tirol das Tor zur Moderne passiert und die in manchen Fällen bis in die Gegenwart nachhallt.
Dr. Heinz Wieser
v