Am 25. März erhielten 25 Mitglieder des Freundeskreises des Tiroler Volkskunstmuseums und des Forum Land eine von Frau Maria Haller gebotene Stadtführung besonderer Art unter dem Motto „Innsbruck auf den zweiten Blick“. Dabei ist es Maria Haller gelungen, den Teilnehmern leicht verständlich und mit profundem historischen Wissen, begleitet von vielen Anekdoten, in der Innsbrucker Altstadt durch die Jahrhunderte wohlbehütete Kostbarkeiten zu präsentieren, die man wirklich nur auf den zweiten Blick erfassen kann! Schon der Treffpunkt vor dem Trautsonhaus enthielt historische Kostbarkeiten: Der barocke, im Jahre 1600 errichtete Marmorbrunnen mit niedriger, breiter Muschelschale aus Sterzinger Marmor, und einer vasenbekrönten, kannelierten Brunnensäule, ist der einzige noch an ursprünglicher Stelle erhaltene Stadtbrunnen Innsbrucks. Die Steinmetzarbeiten an und im Trautsonhaus stammen von Gregor Türing. Das der Reichung von Nahrung dienende Pestloch in der Herzog-Friedrich-Straße 20, das an schlimme Zeiten erinnert, kennen sicher nur wenige. Das Sarner Brünnl beim Cafe Munding (1989) ist ein Geschenk der Südtiroler Gemeinde Sarntal an Innsbruck als Symbol der geistig-kulturellen Landeseinheit. An Karl Schurf erinnert dessen prächtiger Wappenstein von 1585 oberhalb dieses Brünnls mit Hinweis auf den daneben liegenden Kolben-oder Sarner Turm. Die älteste Teigrührmaschine der Welt aus 1850 von Hans Munding kann man in einer Auslage der Schlossergasse bewundern. Hoch über dieser Gasse grüßt die seit 1346 von den Augustiner Eremiten betreute „Goldene Madonna“, „Maria vom guten Rat“. Diese Darstellung ist aber wesentlich älter. Das Original befindet sich in Genezzano bei Rom. Die Porträtköpfe am ehemaligen Regierungsgebäude (Claudiana): Zuerst waren die Statuen in der Hofkirche und diese Statuen waren Vorbilder für die Köpfe am Gebäude. Interessant auch der in der Nähe des Goldenen Dachls angebrachte Wappenstein, der an die 2. Hochzeit von Erzherzog Sigmund dem Münzreichen mit Katharina von Sachsen 1484 erinnert. Nicht gerade leicht entdeckt man zwei Wappen (Steiermark und Tirol) jeweils an den beiden Seiten des Goldenen Dachls. Und wie die gotische Stadtpfarrkirche, die am 12. Mai 1717 dem Bau der heutigen Barockkirche Platz machen musste, aussah, zeigt eine Darstellung in der Pfarrgasse. Fast im Verborgenen befindet sich ein sehenswerter alter Hof im Palais am Domplatz, das man als Brixner oder Stamser Hof bezeichnet, da dort die jeweiligen angereisten Würdenträger residierten. Eine Besonderheit: Frau Haller überraschte ihr begeistertes Auditorium mit der Präsentation der bis zum heutigen Tag übriggebliebenen Reste der alten gotischen Hofburg! Ein Blick auf das Deutschordenshaus und den Quaternionenadler unter den Lauben schlossen diese lehrreiche Führung ab.
Dr. Heinz Wieser
Foto: Erinnerung an die alte gotische Hofburg
