Mitglieder des Freundeskreises des Tiroler Volkskunstmuseums mit Obfrau Herlinde Keuschnigg besuchten am 9. Februar in Innsbruck die Buchbinderei Sanders in Wilten. Gegründet wurde diese Buchbinderei 1974 von Bernhard Sanders’ Eltern als „Spezialwerkstätte für Sonderarbeiten. Als der Seniorchef den Betrieb vor einigen Jahren übergab, blieb die Offenheit im Umgang mit dem Handwerk erhalten. „Eigentlich sind wir Verfahrenstechniker im Spezialbereich Verarbeitung von Pappe, Papier, Leder und Kunststoff“, beschreibt

Bernhard Sanders, Chef dieser Buchbinderei in Innsbruck-Wilten, das Berufsbild, das er als eine Kulturtechnik im Wandel bezeichnete. „Ich bin kein Künstler, sondern ein Gestalter. Ich muss mich in meiner Arbeit wieder finden. Aber wenn man das Handwerk weiterdenkt, dann tut sich irrsinnig viel auf.“ Wie in vielen anderen Sparten ist auch das Buchbinderhandwerk Veränderungen unterworfen. Klassische Aufträge wie das Binden von Diplomarbeiten gingen zurück, doch Sanders fand neue Betätigungsfelder. Die hohe Qualität brachte der Firma schon Designpreise ein – und einen ausgezeichneten internationalen Ruf. „Der Handwerker tut gut daran, wenn er sich seiner Rolle als Gestalter bewusst ist“, sagte Sanders. Für ihn gehört dazu auch seine Zusammenarbeit mit Grafikern und anderen Kreativen sowie seine Lehrtätigkeit an der Schule für Gestaltung in St. Gallen und in Workshops. Zusammen mit seiner Schwester Lisa Sanders produziert er nun edle, tragbare Designstücke. Aufgabe des Buchbinders ist es in erster Linie, handgeschriebene Blätter, bzw. ein Druckerzeugnis in ein festes und bleibendes „Gewand“ zu bringen. Die Buchbinderei, älter als die Buchdruckerei, erlebte einen ersten Höhepunkt in den mittelalterlichen Klöstern. In Innsbruck sorgten Hof, Regierung und seit dem 17. Jahrhundert die Universität für Aufträge. Am 3. März 1708 ratifizierten und approbierten Bürgermeister Carl Kuprian und der Rat der Stadt die von den Innsbrucker Buchbindern errichtete „Ordnung eines ehrsamen gesambten Handtwerckhs der Buchbinder in der Erzfürstlichen Haupt- und Residenz Stadt Yhnsprugg.“ Um 1848 gab es in Tirol mit Ausnahme des Trentino 45 Buchbindereibetriebe.
Dr. Heinz Wieser